Zwangsernährung von inhaftierten Personen: Ärzteschaft und Pflegende wehren sich gegen Instrumentalisierung der Medizin


BERN - Das Schweizerische Bundesgericht hält in einer Medienmitteilung zum Fall Bernard Rappaz fest, die Strafvollzugsbehörde müsse nötigenfalls eine Zwangsernährung anordnen. Weil eine Zwangsernährung den freien Willen von urteilsfähigen Patienten untergräbt, erinnern zahlreiche im Gesundheitswesen tätige Berufsverbände mit Nachdruck an die ethischen Grundsätze der Medizin, welche auch von der Rechtssprechung zu berücksichtigen sind.

Mit Urteil vom 26. August 2010 hat das Bundesgericht die Beschwerde von Bernard Rappaz abgewiesen und damit eine Unterbrechung seines Strafvollzugs verweigert. Ende Oktober 2010 will das Bundesgericht die schriftliche Urteilsbegründung veröffentlichen. Darin wird eine mögliche Zwangsernährung von Bernard Rappaz ein zentrales Thema sein. Bereits die Medienmitteilung zur öffentlichen Urteilsberatung vom 26. August 2010 stellt fest, dass nach Ansicht des Bundesgerichts die Vollzugsbehörden bei Häftlingen im Hungerstreik eine Zwangsernährung anzuordnen hätten, sofern bleibende gesundheitliche Schäden oder der Tod nicht anders abzuwenden wären.



Diese Haltung des Bundesgerichts widerspricht dem international anerkannten Grundsatz der medizinischen Ethik, wonach der Wille von urteilsfähigen Patienten in jedem Fall zu respektieren ist. Und – dieser Grundsatz gilt selbstverständlich auch, wenn es sich um inhaftierte, urteilsfähige und informierte Personen handelt.

Die Autonomie des Patienten ist einer der zentralen Grundpfeiler in der medizinischen Behandlung. Verlangt das Bundesgericht von Ärzten und weiteren in der Medizin tätigen Fachpersonen, dass sie den Willen des urteilsfähigen Patienten jenem der Behörde unterordnen, setzt sich das Gericht nicht nur über den freien Willen und die Selbstbestimmung der Bürger hinweg, sondern verunmöglicht auch eine Ausübung der ärztlichen und pflegerischen Tätigkeit gemäss internationalen Grundsätzen.

Deshalb erinnern die FMH, die SAMW, der Schweizer Berufsverband der Pflegefachfrauen und Pflegefachmänner SBK, die Zentrale Ethikkommission der Schweizerischen Akademie der medizinischen Wissenschaften ZEK, die Konferenz Schweizerischer Gefängnisärzte und das Forum der Gesundheitsdienste des Schweizerischen Justizvollzugs das Schweizerische Bundesgericht daran, künftig seine Verantwortung wahrzunehmen und keine Entscheidung zu treffen bzw. keine Urteilsbegründung zu verfassen, die den ethischen Grundsätzen der Medizin widerspricht, sei dies im Gefängnis oder anderswo.



Auskunft

Jacqueline Wettstein
Leitung Kommunikation FMH

Tel. 031 359 11 50

E-Mail  jacqueline.wettstein (at) fmh.ch

 

Michelle Salathé, lic. iur.

Stellvertretende Generalsekretärin SAMW

Tel. 061 269 90 30
E-Mail 
m.salathe (at) samw.ch


Quelle: Verbindung der Schweizer Ärztinnen und Ärzte (FMH)


Gesucht

Apotheker als Springer/in in Bern
Erfahrene/r Pharma-Assistent/in in Berikon
Pharma-Assistent/in in Brugg

Letzte News

Newsletter