Stark erhöhter Preis eines neuen Medikamentes schockiert Teile von Amerika


NEW YORK - Sovaldi®, ein neues Medikament zur Behandlung der Hepatitis C, macht in den USA Polemik aufgrund des hohen Preises: 84‘000 Dollar für 3 Monate Behandlung, d.h. 1000 Dollar pro Tablette. Der Vorteil ist, dass am Ende der Behandlung mehr als 90% der Patienten geheilt sind und es gut vertragen wird.

Es ist ein sehr innovatives Medikament, da es in den meisten Fällen die Patienten heilt und man anschliessend keine anderen Medikamente mehr einnehmen muss.

Hepatitis C, eine häufig auftretende Krankheit

In den USA sind mehr als 3 Millionen Menschen, d.h. etwa 1% der Bevölkerung, Träger des Hepatitis C Virus. Es ist eine Krankheit, die zu schweren Komplikationen wie einer Zirrhose oder Leberkrebs führen kann.

Es gibt auf dem Markt bereits Medikamente zur Behandlung der Hepatitis C, die bei etwa 70% der Patienten eine gute Wirkung zeigen (z.B. Interferon, das als Injektion verabreicht wird). Diese Therapien haben aber oft erhebliche Nebenwirkungen und müssen über eine längere Zeit eingenommen werden.

Sovaldi® (Wirkstoff Sofosbuvir) hat den Vorteil, dass es besser vertragen wird, einen höheren Heilungsgrad und eine kürzere Behandlungsdauer aufweist.

Man kann sagen, dass das Medikament, objektiv gesehen, für die Patienten und die Ärzte einen wahren Mehrwert bringt.

Die Versicherer sind nicht gleicher Meinung

Die amerikanischen Krankenversicherer sind seit der Ankunft dieses Medikamentes auf dem amerikanischen Markt im Dezember 2013 sehr besorgt. Gemäss dem Magazin Forbes würde es das amerikanische Gesundheitssystem jährlich 227 Milliarden Dollar kosten, wenn sich alle Patienten mit dieser Form der Hepatitis mit diesem Medikament behandeln lassen würden. Eine gigantische Zahl. Zum Vergleich: die jährlichen Kosten aller Medikamente belaufen sich in den USA auf etwa 260 Milliarden Dollar.

Etwas relativiert betrachtet sind es weniger betroffene Personen, da ungefähr 75% der Träger des Hepatitis Virus ignorieren, dass sie betroffen sind, weil die Krankheit während einer langen Zeit keinerlei Symptome aufweist.

Der zu zahlende Preis für eine radikale Innovation?

Dieses Medikament ist sehr innovativ; in der Wirtschaft spricht man von einer radikalen Innovation, wie auch viele Wissenschaftler bestätigen. Man könnte sogar sagen, dass es zu innovativ sei, da es wie bereits erwähnt, das amerikanische Gesundheitssystem bei der Behandlung aller Patienten in schwere finanzielle Schwierigkeiten bringen würde.

Das amerikanische Gesundheitssystem basiert auf privaten und öffentlichen Einrichtungen, um die Finanzierung zu gewährleisten. Man muss wissen, dass die meisten Amerikaner die arbeiten, eine private Krankenkasse haben, die normalerweise vom Arbeitgeber bezahlt wird. Kürzlich hat der Präsident Obama  erlaubt, die Anzahl Versicherten der staatlichen Gesundheitsfürsorge zu erhöhen, damit auch Menschen in prekären Situationen, wie Jugendliche oder Arbeitslose, eine Krankenkasse haben. Dies ist das bekannte Projekt „Obamacare“. Halten wir fest, dass eine nicht unbedeutende Menge von Amerikanern eine bezahlte Krankenkasse vom Staat erhält, wie z.B. Veteranen, ältere Menschen (Medicare), Menschen mit sozio-ökonomischen Schwierigkeiten (Medicaid, in gewissen Staaten) oder die Häftlinge.

Schlussendlich werden die Kosten, die durch Sovaldi® entstehen, von den Arbeitnehmern, Arbeitgebern und Steuerzahler akzeptiert werden müssen;  kurz gesagt von der ganzen amerikanischen Gesellschaft.

Preisbestimmung aufgrund des BIP?

Sovaldi® wurde durch die amerikanische Firma Gilead Sciences (GILD) entwickelt und kommerzialisiert. Dies ist ein Biotechnologie Unternehmen, das in den letzten 20 bis 30 Jahren einen grossen wirtschaftlichen und wissenschaftlichen Erfolg aufweisen konnte: insbesondere in der Entwicklung von Medikamenten gegen Infektionskrankheiten wie AIDS oder Hepatitis. Sovaldi® könnte Gilead für das erste Verkaufsjahr (2014) den grössten je erzielten Umsatz bringen, der eine Pharmafirma in den ersten 12 Monaten nach der Lancierung erreicht hat. Der Mindestumsatz wird sich zwischen 7 und 10 Milliarden Dollar bewegen.

Gilead erklärt, dass sich dieses Medikament auf lange Sicht besser verkaufen lässt als andere aktuelle Medikamente, da die Behandlung den Patienten in mehr als 90% der Fälle heilt und die Behandlungsdauer sehr kurz ist.

Diese amerikanische Firma scheint den Preis in Abhängigkeit des BIP pro Einwohner bestimmt zu haben, was eher eine Neuigkeit wäre; auf jeden Fall in einer so geradlinigen Vision. In den USA kostet z.B. die ganze Behandlung auf Basis von Sovaldi® voraussichtilch USD 84‘000. In England USD 57‘000, in Deutschland USD 66‘000 und in Ägypten USD 900. In Frankreich scheint der Preis noch nicht bestimmt zu sein, es wird wahrscheinlich etwa USD 50‘000 betragen, eventuell mehr.

Man beobachtet einen grossen Preisunterschied zwischen den reichen Ländern wie Nordamerika und den Weststaaten und einem Land mit tiefem Einkommen wie Ägypten. Das Letztere ist stark von Hepatitis C betroffen und der niedrigere Preis könnte eine Geste seitens der Firma Gilead sein, da das BIP pro Einwohner in Ägypten nur USD 3‘187 (2012) gegenüber den USD 50‘000 (2012) in den USA viel tiefer ist. Dies ist ein Unterschied von einem Faktor 16 und nicht etwa 100, wie der Preis von Sovaldi® erahnen lassen würde. Die Logik der Preisfixierung scheint nicht immer dem BIP zu folgen, es könnte aber auch ökonomische oder politische Hintergründe haben.

Dies könnte auch ein Grund sein, weshalb die Polemik in den USA so gross ist: warum sollten die Amerikaner einen grossen Teil der Forschungskosten für die Weltforschung übernehmen. Man weiss, dass die Amerikaner bereits 20% ihres BIP für die Gesundheit einsetzen. Im Vergleich dazu sind es in Frankreich z.B. nur 10%.

Ein grosser Preisunterschied zwischen den verschiedenen Ländern zu haben, ist lobenswert und zeugt von Aufmerksamkeit und Anerkennung. Es ist logisch, dass ein reiches Land wie die USA mehr bezahlt als Ägypten oder Indien. Allerdings ist ein Preisunterschied vom Faktor 100 vermutlich zu hoch und folgt nicht den Regeln des BIP pro Einwohner. Zudem funktioniert diese politische Preisbestimmung in einer solch globalisierten Welt wahrscheinlich nicht gut. Mit einem solchen System ist es gut möglich, dass sich ein gewisser illegaler Handel bildet, bei dem Patienten aus reichen Ländern mit Medikamenten aus den ärmeren Ländern versorgt werden.

Eine andere Möglichkeit wäre, wenn die armen Länder ebenfalls einen höheren Preis hätten. aber gleichzeitig ein finanzielles Hilfssystem installiert würde, das die armen Länder wieder unterstützt. So könnte man einen illegalen Handel zwischen armen und reichen Ländern verhindern. Daneben darf nicht vergessen werden, dass es in Ländern mit mittlerer Armut (Indien, Ägyptenz u.a.) auch Menschen gibt, sicher eine Minderheit, die sehr reich sind und eine gute Versicherungsdeckung haben. Die Preisbestimmung ist ein wahres Problem der öffentlichen Gesundheit und der Politik, das wahrscheinlich noch zu vielen Diskussionen führen wird. Man kann sagen, dass die Menschen die radikalen Innovationen lieben, aber sich niemand wirklich an den Kosten beteiligen möchte, vor allem die Amerikaner immer weniger.

Von: Xavier Gruffat (Apotheker), 9.April 2014
Quellen: CBS News, Forbes, Documed.ch, The Economist, Google (Zahlen des BIP).

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