Überaktive Immunzellen treiben geistigen Abbau bei Alzheimer voran


ZÜRICH - Das Gehirn hat seine ganz eigenen Immunzellen namens Mikroglia. Ist ihre Funktion jedoch gestört, können sie zum Niedergang von Nervenzellen bei neurodegenerativen Erkrankungen wie Alzheimer beitragen, wie Zürcher Forschende entdeckt haben.

Mikrogliazellen sind eigentlich wichtige Helfer im Gehirn: Diese Fresszellen überwachen die Funktion von Nervenzellen, indem sie während der Entwicklung überzählige Verbindungen (Synapsen) zwischen Nervenzellen entfernen und schädliche Proteinverbindungen beseitigen.

Forschende um Lawrence Rajendran von der Universität Zürich haben jedoch gemeinsam mit britischen und US-amerikanischen Kollegen die dunkle Seite dieser Hirn-Immunzellen entdeckt: Ein Gendefekt steigert ihre Fressaktivität. Im Zusammenhang mit der Alzheimer-Erkrankung führt das dazu, dass sie fälschlicherweise Synapsen entfernen, was den Niedergang der Nervenzellen vorantreiben könnte. Das teilte die Hochschule am Donnerstag mit.

Von der Fresszelle zum Synapsen-Killer

Die Wissenschaftler untersuchten die Rolle von bekannten Alzheimer-Risikogenen und stiessen dabei auf das Gen, das für ein Protein namens TDP-43 codiert. Der Verlust dieses Proteins aktiviert die Mikrogliazellen übermässig, wie Rajendran und Kollegen im Fachblatt "Neuron" berichten. Zwar beseitigen sie daraufhin die für Alzheimer typischen Eiweissklumpen im Gehirn (beta-Amyloid-Plaques) sehr effizient. Allerdings machten sie im Tierversuch auch vor den Synapsen nicht halt.

Die Forschenden vermuten, dass Alterungsprozesse im Gehirn einen ähnlichen Effekt haben könnten. Möglicherweise bewirke der Nährstoffentzug oder eine Art Hunger-Mechanismus im Zuge des Alterns eine gesteigerte Fressaktivität der Mikrogliazellen, sagte Rajendran gemäss der Mitteilung.

Rolle der Mikroglia bisher unterschätzt

Die Studie zeige, dass die Rolle der Mikrogliazellen bei Erkrankungen wie Alzheimer unterschätzt wurde, hiess es weiter. Bisher ging man davon aus, dass sich ihr Beitrag auf Entzündungsreaktionen und die Freisetzung neurotoxischer Moleküle beschränkt und sie so den Krankheitsverlauf beeinflussen. Nun stellte sich heraus, dass sie aktiv den Abbau von Nervenzellen verursachen können.

"Fehlfunktionen der Mikrogliazellen dürften ein wichtiger Grund sein, weshalb viele Alzheimer-Medikamente in klinischen Versuchen zwar die Amyloid-Plaques reduzierten, bei den Patienten aber zu keiner Verbesserung der kognitiven Funktionen führten", schloss Rajendran.


Quelle: SDA - 29.06.2017, Copyrights Bilder: Fotolia.com

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