Venenthrombosen und Lungenembolien unter hormonalen Verhütungsmitteln


BERN - Venenthrombosen und Lungenembolien (VTE) sind ein seltenes, aber schwerwiegendes Risiko der hormonalen Kontrazeptiva. Neue Studien bestätigen, dass das VTE-Risiko unter kombinierten hormonalen (Östrogen-Gestagen-haltigen)  Verhütungsmitteln mit Drospirenon höher ist als unter den älteren Präparaten der zweiten Generation (mit Levonorgestrel) und etwa im Bereich der Drittgenerations-Pillen (mit Desogestrel oder Gestoden) liegt. Die Fach- und Patienteninformation der Kontrazeptiva mit Drospirenon werden jetzt erneut angepasst. Unter den kombinierten Antibabypillen sind jene mit Levonorgestrel am sichersten, was das VTE-Risiko betrifft.

Swissmedic hat seit 2009 regelmässig über das Risiko venöser Thromboembolien (VTE) unter hormonalen Kontrazeptiva informiert (www.swissmedic.ch). Bereits im Jahr 2009 deuteten zwei Studien1,2 auf ein erhöhtes VTE-Risiko der kombinierten Östrogen-Gestagen-haltigen  oralen Kontrazeptiva (KOK) mit Drospirenon hin. Swissmedic leitete damals ein Überprüfungsverfahren dieser Präparate ein; im März 2010  wurden die entsprechenden Anpassungen der Fach- und Patienteninformationen umgesetzt. Seither sind weitere epidemiologische Studien zu dieser Frage publiziert worden: zwei neue3,4 im April 2011, eine Erweiterung und Re-Analyse5 einer früheren Untersuchung im Oktober 2011. Sie bestätigen ein höheres VTE-Risiko der Drospirenon-Präparate im Vergleich zu jenen mit Levonorgestrel; es dürfte im Bereich der Drittgenerations-KOK (mit Desogestrel oder Gestoden) liegen. Dasselbe wurde für KOK mit Cyproteron gezeigt, die wie die Drospirenon-Präparate zu den antiandrogenen KOK gezählt werden. Die betreffenden Arzneimittelinformationen werden nun erneut angepasst.

Vor kurzem wurde eine grosse, von der amerikanischen FDA in Auftrag gegebene Studie6, die das VTE-Risiko unter unterschiedlichen hormonalen Verhütungsmitteln untersucht, im Internet zugänglich gemacht; sie wird zur Zeit durch die Behörden international evaluiert. Über die Resultate ihrer Beurteilung und allfällige Konsequenzen wird Swissmedic erneut berichten. 

Die kombinierten hormonalen Kontrazeptiva erhöhen das Risiko von Venenthrombosen und Lungenembolien - eine Tatsache, die schon seit den 1960iger Jahren gut bekannt ist. Diese Komplikationen sind aber selten und insgesamt sind die heute verfügbaren und verbreitet angewendeten Präparate sichere und wirksame Verhütungsmittel. Zu den kombinierten Kontrazeptiva zählen neben den oralen („Pillen") auch hormonfreisetzende Pflaster und Vaginalringe. Sie enthalten zwei hormonale Wirkstoffe, ein Östrogen und ein Gestagen. Die schon vor Jahrzehnten eingeführten Präparate der zweiten Generation enthalten Levonorgestrel als Gestagen-Komponente, jene der dritten Generation Gestoden oder Desogestrel. Bereits Mitte der 1990iger Jahre wurde erkannt, dass die Drittgenerations-Präparate ein höheres - etwa doppelt so hohes - VTE-Risiko aufweisen als jene der zweiten Generation. Im letzten Jahrzehnt kamen die Präparate mit Drospirenon („antiandrogene KOK") auf den Markt. Ihr VTE-Risiko galt zunächst aufgrund zweier breit angelegter Untersuchungen, der Kohortenstudien EURAS7 und INGENIX8, als vergleichbar mit jenem der Levonorgestrel-Präparate, bis dies im Herbst 2009 durch neue Studienresultate in Frage gestellt wurde.

Empfehlungen
Für Frauen, die ein Präparat mit Drospirenon oder Cyproteron oder ein Drittgenerationspräparat anwenden und es gut vertragen, besteht kein Grund, dieses abzusetzen. Bei Fragen sollten sie ihren Arzt/ihre Ärztin konsultieren. Eine Schwangerschaft erhöht die Gefahr venöser Thromboembolien stärker als kombinierte Verhütungsmittel.

Für Erstanwenderinnen oder Frauen, die kombinierte hormonale Kontrazeptiva mit Drittgenerations-Gestagenen oder mit Drospirenon oder Cyproteron anwenden und auf ein anderes kombiniertes Präparat wechseln möchten, sind Levonorgestrel-haltige kombinierte Präparate in Bezug auf venöse Thromboembolien die sicherste Alternative. Gemäss heutigem Kenntnisstand gibt es keine Belege, dass Gestagen-Monopräparate (d.h. Präparate ohne Östrogenkomponente) das Risiko venöser Thromboembolien erhöhen.

Wichtiger als die Unterschiede zwischen den kombinierten Kontrazeptiva ist das Einhalten der Vorsichtsmassnahmen/Kontraindikationen, die in der jeweiligen Fach- und Patienteninformation ausführlich beschrieben ist. Hormonale Verhütungsmittel sind Medikamente! Deren Vor- und Nachteile sind zwischen Anwenderin und Arzt/Ärztin ausführlich zu besprechen und über ihre Einnahme resp. Anwendung muss das medizinische Personal immer informiert werden.  


Literatur
1Lidegaard Ø, Løkkegaard E, Svendsen AL, Agger C. Hormonal contraception and risk of venous thromboembolism: national follow-up study. BMJ 2009;339:2890
2van Hylckama Vlieg A, Helmerhorst FM, Vandenbroucke JP, Doggen CJ, Rosendaal FR. The venous thrombotic risk of oral contraceptives, effects of oestrogen dose and progestogen type: results of the MEGA case-control study. BMJ 2009;339:2921
3Jick SS, Hernandez RK. Risk of non-fatal venous thromboembolism in women using oral contraceptives containing drospirenone compared with women using oral contraceptives containing levonorgestrel: case-control study using United States claims data. BMJ 2011;340:2151
4Parkin L, Sharples K, Hernandez RK, Jick SS. Risk of venous thromboembolism in users of oral contraceptives containing drospirenone or levonorgestrel: nested case-control study based on UK General Practice Research Database. BMJ 2011;340:2139
5Lidegaard Ø, Nielsen LH, Skovlund CW, Skjeldestad FE, Løkkegaard E. Risk of venous thromboembolism from use of oral contraceptives containing different progestogens and oestrogen doses: Danish cohort study, 2001-9. BMJ 2011;343:6423
6Combined Hormonal Contraceptives (CHCs) and the Risk of Cardiovascular Disease Endpoints. CHC-CVD final report 111022v2. http://www.fda.gov/downloads/Drugs/DrugSafety/UCM277384.pdf
7
Dinger JC, Heinemann LA, Kühl-Habich D. The safety of drospirenone-containing oral contraceptive: final results from the European Active Surveillance study on Oral Contraceptives based on 142,475 women-years of observation. Contraception 2007;75:344-54
8Seeger JD, Loughlin J, Eng M, Clifford R, Cutone J, Walker AM. Risk of thromboembolism in women taking ethinylestradiol/drospirenone and other oral contraceptives. Obstet Gynecol 2007;110:587-93


Quelle: Schweizerisches Heilmittelinstitut (Swissmedi) - 05.12.2011

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