Sucht Schweiz warnt vor Doping im Alltag
LAUSANNE - Mehr und mehr gesunde gesunde Menschen helfen mit Medikamenten oder anderen Mitteln nach, um ihre Leistung zu steigern, warnte Sucht Schweiz am Montag. Nicht nur aufputschende Mittel seien zunehmend gefragt, sondern auch beruhigende und angstlösende Medikamente.
Um wachsende Anforderungen in Beruf, Ausbildung oder Schule zu erfüllen, greifen Menschen immer häufiger zu leistungssteigernden Medikamenten, stellt Sucht Schweiz in einem neuen Grundlagenpapier fest. "Es braucht Information über die Substanzen sowie die öffentliche Diskussion über die Entwicklung gesellschaftlicher Ansprüche", sagt Irene Abderhalden, Vizedirektorin von Sucht Schweiz.
Die erhoffte Wirkung von Leistungsförderern sei meist nicht belegt und Risiken und Nebenwirkungen seien kaum abschätzbar, erklärt die Stiftung. "Wer auf Nummer sicher gehen und seine Gesundheit nicht beeinträchtigen will, sollte auf solche Mittel besser verzichten", rät Abderhalden.
"Doping im Alltag" steht für alle Versuche gesunder Menschen, ihre körperliche oder geistige Leistung über das übliche Mass hinaus zu verbessern, sowie Müdigkeit, Schmerzen oder Ängste zu bekämpfen. Hierfür verwendete Mittel sind etwa Antidepressiva, Medikamente zur Behandlung von Demenzerkrankungen, Stimulantien oder Beta-Blocker.
Alkohol, Tabak oder illegale Substanzen wie Anabolika, Amphetamine, Cannabis oder Kokain sollen ebenfalls Konzentration, Gedächtnis oder Lernfähigkeit stärken. Bei einigen Substanzen gibt es zwar Hinweise, dass sie in bestimmten Bereichen die Leistung punktuell verbessern, etwa die Konzentrationsfähigkeit. Gleichzeitig kann sich beispielsweise das kreative Denken verschlechtern.
Ethische Fragen
Für Sucht Schweiz wirft das Phänomen ethische Fragen auf. "Wohin führt die permanente Leistungssteigerung? Ist es richtig und fair, wenn gesunde Menschen eine höhere Leistung künstlich herbeiführen und sich dadurch einen Wettbewerbsvorteil verschaffen? Wird eingeschränkte Leistung zur persönlichen Schuld?"
Gemäss der Stiftung ist eine kritische Debatte nötig. Doch Daten zum Gebrauch leistungssteigernder Mittel liegen für die Schweiz nur wenige vor. In einer Studie des Staatssekretariats für Wirtschaft (SECO) von 2010 gaben insgesamt 32 Prozent der befragten Schweizer Erwerbstätigen an, innerhalb der letzten 12 Monate Medikamente oder sonstige Substanzen eingenommen zu haben.
Die Mehrzahl gab an, diese Mittel zu nehmen, um trotz Schmerzen arbeiten oder um nach der Arbeit schlafen oder abschalten zu können. Doping am Arbeitsplatz, um die Leistung bei einem guten Gesundheitszustand zu steigern oder zur Stimmungsaufhellung, kam gemäss dieser Studie lediglich bei etwa 4 Prozent der Befragten vor.
Quelle: SDA - 18.06.2012