Chlamydien: Forscher fordern bessere Behandlung statt mehr Tests
BERN - Eine Infektion mit Chlamydien bleibt oft unerkannt. Um die sexuell übertragbare Krankheit einzudämmen, scheinen mehr Tests allein jedoch nicht zu helfen. Deshalb rät ein internationales Forschungsteam mit Berner Beteiligung zu besserer Behandlung diagnostizierter Fälle.
Mehr als 11'000 Personen infizierten sich 2017 in der Schweiz mit Chlamydien. Trend steigend. Die Dunkelziffer dürfte hoch sein, denn obwohl sich die sexuell übertragbare Krankheit leicht diagnostizieren und behandeln lässt, bleiben viele Fälle symptomlos. Und so werden die Erreger unbemerkt weiter übertragen.
Bei Frauen kann die Erkrankung zu schweren Komplikationen wie Entzündungen im Beckenbereich, Eileiterschwangerschaft und Unfruchtbarkeit führen. Viele Industrieländer setzen deshalb auf umfangreiche Tests, um auch die symptomlosen Fälle zu entdecken und die Übertragung einzudämmen.
Wie ein australisches Forschungsteam zusammen mit Forschenden der Universität Bern nun berichtet, führen mehr Tests nicht unbedingt zu weniger Infektionen. In einem Fachartikel in der Zeitschrift "The Lancet" raten die Forschenden unter Leitung der University of Melbourne daher dazu, die diagnostizierten Fälle besser zu behandeln.
Tests auch ohne Verdacht
In Australien führen Hausärzte ein sogenanntes opportunistisches Screening durch, also Tests ohne Anfangsverdacht: Alle Jugendlichen werden bei Hausarztbesuchen auf Chlamydien getestet, egal ob sie Symptome haben oder nicht. Dadurch konnte man zwar die Tests unter den 16- bis 29-Jährigen um 150 Prozent steigern, die Anzahl der Ansteckungen nahm dadurch allerdings nicht ab, wie die Uni Bern am Montag mitteilte.
Die Häufigkeit schwerer Entzündungen im Beckenbereich mit Spitalaufenthalt sei zwar durch solche "Gelegenheitstests" zurückgegangen, nicht jedoch die milderen Fälle, die oft unentdeckt bleiben und zu weiteren Ansteckungen führen können.
Sexualpartner miteinbeziehen
Um die Ausbreitung der Krankheit besser einzudämmen, raten die Forschenden dazu, Chlamydien-Fälle besser zu behandeln und dabei insbesondere auch die Sexualpartner der Betroffenen einzubeziehen. Tests sollen zwar weiter erfolgen, aber nach der Diagnose brauche es ein besseres Management der Fälle, schrieb die Uni Bern.
"Einer der grössten Risikofaktoren für Entzündungen im Beckenbereich bei Frauen ist die Wiederansteckung mit Chlamydien", erklärte Studienautorin Jane Hocking von der University of Melbourne. Daher müsse man die erneute Infektion stoppen und auch die Sexualpartnerinnen und -partner behandeln.
Für die Studie werteten die Forschenden Daten von 130 ländlichen Hausarztpraxen in Australien aus, in denen über 90'000 Jugendliche zwischen 16 und 29 Jahren untersucht wurden.
Notiz:
Fachartikelnummer - DOI: 10.1016/S0140-6736(18)31816-6
Quelle: SDA - 29.10.2018, Copyrights Bilder: Fotolia.com