Biotech : Grossbritanniens gute Gesundheit - Forschung auf höchstem Niveau


Nach dem Brexit liegt dem konservativen britischen Premierminister Rishi Sunak viel daran, dass sein Land in den Bereichen Biowissenschaften (englisch: Life Sciences) und Künstliche Intelligenz (AI) immer leistungsfähiger wird. Obwohl sich die beiden Bereiche überschneiden, wollen wir uns in diesem Dossier besonders den Biowissenschaften in Grossbritannien widmen. Das Land ist bei weitem nicht so mächtig wie sein Cousin jenseits des Atlantiks, die USA, kann aber dank seiner Universitäten wie Oxford oder Cambridge mit mehreren europäischen Staaten konkurrieren, allen voran der Schweiz. 

Biowissenschaften/Life Sciences

Zunächst einmal ist «Biowissenschaften» ein Begriff, der den Einsatz von Spitzentechnologie bei der Entwicklung von Medikamenten, Biotechnologieprodukten und medizinischen Geräten umfasst. Heutzutage finden die meisten Anstrengungen und Investitionen im Bereich der Biotechnologie statt.

Führende Universitäten, 4 in den Top 10

Britische Universitäten und Institutionen spielen eine entscheidende Rolle im Biotechnologie-Ökosystem des Landes. Öffentlich-private Partnerschaften sind oft der Schlüssel für die Gründung neuer, vielversprechender Start-ups. Bekannt sind die beiden grossen englischen Universitäten von Weltrang, Oxford und Cambridge. Sehr viele Intellektuelle und Wissenschaftler, darunter auch Nobelpreisträger, haben an den beiden besten Universitäten Europas studiert. Auch in den Biowissenschaften spielt sie weiterhin eine führende Rolle. Die Universität Oxford ist laut QS World University Rankings im Jahr 2023 nach der Harvard University (USA) unangefochten die zweitbeste Universität der Welt im Bereich der Life Sciences. Die Universität Cambridge liegt auf Platz 6, nach den US-amerikanischen Universitäten Johns Hopkins, MIT und Stanford. Unter den Top 10 sind noch 2 Londoner Universitäten zu finden, das renommierte Imperial College London und das University College London. Auf Platz 8 findet sich eine weitere amerikanische Universität, die University of California in San Francisco, und auf Platz 10 die erste nicht angelsächsische Universität, das schwedische Karolinska Institutet. Das King's College London, eine weitere Londoner Universität, belegt den 12. Rang.

Das goldene Dreieck

Da London, Oxford und Cambridge eine so wichtige Rolle in der britischen akademischen Biotechnologie spielen, ist es nicht verwunderlich, dass viele Start-up-Unternehmen in diesem Dreieck - im Norden des Grossraums London - ansässig sein wollen. Die Engländer sprechen vom «golden triangle» (goldenes Dreieck). Ein Problem ist jedoch, dass die Kosten für die Einrichtung von Labors und Büros hoch und die Plätze eher rar sind. Die amtierende britische Regierung versucht jedoch, neue Flächen anzubieten, insbesondere in Cambridge, wie aus einem Artikel des führenden britischen Magazins The Economist hervorgeht.

Schottland

Ebenfalls zu berücksichtigen sind die schottischen Universitäten in Edinburgh (Platz 23 im Life-Sciences-Ranking), Glasgow (Platz 44) und Aberdeen (Platz 167). In dieser Stadt im Norden Schottlands wurden mehrere prestigeträchtige Startups im Bereich Biotechnologie wie TauRx (Kampf gegen Alzheimer) gegründet. Lokale Geschäftsleute in Aberdeen glauben an die Biowissenschaften, um die Stadt zu bereichern.

Grossbritannien, die Nummer 1 in Europa

Obwohl das Vereinigte Königreich bekanntlich aus der Europäischen Union ausgetreten ist, hat etwa 1/3 der kontinentaleuropäischen Start-up-Unternehmen in der Welt der Biotechnologie seinen Sitz in diesem Land. Das ist beachtlich, wenn man bedenkt, dass Grossbritannien weniger als 15 % der Bevölkerung des Kontinents ausmacht.

Nicht nur Positives

Aufgrund des Brexits hat sich das Vereinigte Königreich vorübergehend aus dem EU-Forschungsfonds mit dem Namen Horizont Europa zurückgezogen. Dieser Fonds ist mit über 100 Milliarden US-Dollar der grösste der Welt. Im September 2023 wird die britische Regierung voraussichtlich entscheiden, ob sie Horizon beitritt oder nicht. Aber nicht nur die Forschungsfinanzierung ist problematisch, sondern auch die Finanzierung von Startups durch Venture Capitalists (VC). Anders als in den USA gibt es weniger Investoren, die bereit sind, zweistellige Millionenbeträge für das Scale-up von Startups in verschiedenen Finanzierungsrunden (Seed-Investment) zu zahlen. Daher ist es, ähnlich wie für Schweizer Unternehmen, schwieriger, eines Tages ein globaler Protagonist (z. B. nach einem Börsengang) im Biotech-Bereich zu werden. Viele Startups träumen davon, aufgekauft zu werden, vor allem von US-amerikanischen Unternehmen. Es muss jedoch betont werden, dass britische Startups oft attraktiv sind (siehe kürzliche Übernahmen durch Pfizer und Roche). Letztendlich ist die Durchführung klinischer Studien in Grossbritannien recht kompliziert, aber die Regierung hat Massnahmen ergriffen, um die Verfahren zu vereinfachen.

Die Schweiz, eine industrielle Grösse 

Die Schweiz verfügt ebenfalls über prestigeträchtige Universitäten und Technische Hochschulen, aber leider sind die Institutionen im Ranking der besten Universitäten im Bereich Life Sciences weit von den grossen angelsächsischen Universitäten entfernt. An der Spitze steht die Universität Zürich (65.), die ETH Zürich (70.), gefolgt von der Universität Genf und der Universität Basel (98.), der Universität Bern (112.), der Universität Lausanne (157.) und der EPFL (Eidgenössische Technische Hochschule Lausanne, 177.). Dies könnte eine für ein kleines Land wie die Schweiz interessante Ballung in den Top 200 bedeuten. Es zeigt jedoch, dass das von Harvard oder Oxford vorgegebene Niveau in der wissenschaftlichen Biotechnologieforschung derzeit noch zu hoch ist.

Die Stärke der Schweiz liegt hingegen in ihrem sehr hohen Exportniveau für pharmazeutische Produkte, das laut The Economist im Jahr 2021 die 100-Milliarden-US-Dollar-Grenze noch etwas überschreiten wird. Das ist viel mehr als das Vereinigte Königreich mit weniger als 30 Milliarden US-Dollar. Kurz gesagt: Grossbritannien und die Schweiz sind Biotechnologie- und Pharmamächte mittlerer Grösse, aber jede mit ihren eigenen Besonderheiten. Die Schweiz ist im industriellen Bereich wie Deutschland weiterhin sehr fortgeschritten, scheint aber in der wissenschaftlichen Forschung gegenüber dem Vereinigten Königreich und den USA etwas zurückzufallen.

31. August 2023. Von Xavier Gruffat (Apotheker, MBA). Hauptquelle: The Economist (eine Ausgabe vom August 2023). Zusätzliche Quelle: QS World University Rankings.

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