Masern-Impfung schützt indirekt auch vor anderen Krankheiten
PRINCETON - Mit der Einführung der Masern-Impfung vor 50 Jahren verminderte sich die Kindersterblichkeit - und das deutlicher als erwartet. Forscher haben nun eine Erklärung dafür: Die Masern-Impfung schützt wahrscheinlich indirekt auch jahrelang vor anderen Erkrankungen.
Darauf weise der Vergleich von Daten zur Kindersterblichkeit vor und nach Einführung der Impfung hin, berichten Forscher im Fachmagazin "Science". Das Masern-Virus schwächt das Immunsystem demnach auch noch lange Zeit nach einer durchgemachten Erkrankung - und macht die Betroffenen so anfälliger für andere Infektionen.
Eine mögliche Ursache sei, dass wichtige Immunzellen - die Lymphozyten - nach der Masern-Infektion zwar auf die Bekämpfung des Masern-Virus eingestellt sind, bei der Abwehr anderer Keime aber fehlen, erklären die Forscher um Michael Mina von der US-Universität Princeton.
Amnesie des Immunsystems
Durch die Masern komme es zu einer Art Immun-Amnesie, in der Folge seien Betroffene anfälliger für andere Erkrankungen, heisst es in der Studie. Michael Mina und seine Kollegen prüften nun, ob und wie lange sich dieser Effekt in der Bevölkerung nachweisen lässt. Dafür analysierten sie Gesundheitsdaten aus England, Wales, Dänemark und den USA vor und nach der Einführung der Masern-Impfung.
Die Auswertung ergab, dass die Sterblichkeit durch andere Infektionen eng an das Vorkommen von Masern gekoppelt war - und zwar über einen Zeitraum von zwei bis drei Jahren nach einer Masern-Erkrankung.
Schutz für viele
Die Masern-Impfung führe also nicht nur zu einer Herdenimmunität gegenüber diesem Virus, sondern auch gegenüber anderen Keimen, schlussfolgern die Forscher. Von Herdenimmunität spricht man, wenn sich eine Krankheit in der Bevölkerung nicht ausbreiten kann, weil sehr viele Menschen gegen den Erreger immun sind, etwa aufgrund einer breit eingeführten Impfung.
Masern-Viren sind weltweit verbreitet und extrem ansteckend. Menschen infizieren sich, wenn sie infektiöse Tröpfchen einatmen - etwa, weil ein Erkrankter in der Nähe hustet oder niest. Ungefähr zehn Tage später beginnt die Krankheit mit grippeähnlichen Symptomen wie Fieber, Husten, Schnupfen oder auch einer Bindehautentzündung.
Dann erscheinen die typischen rot-braunen Hautflecken. In der Regel klingen die Symptome nach einer bis anderthalb Wochen ab. Es kann aber auch zu Komplikationen wie Lungenentzündung, Durchfall oder der besonders gefürchteten Gehirnentzündung kommen.
Todesfall in Berlin
Die Weltgesundheitsorganisation WHO hat sich zum Ziel gesetzt, die Masern bis spätestens zum Jahr 2020 weltweit zu eliminieren. Dafür ist in der Bevölkerung eine Immunität von mindestens 95 Prozent der Menschen in allen Altersgruppen nötig. Nach Angaben des Robert Koch-Instituts (RKI) in Berlin gibt es dabei in Deutschland seit Jahren kaum Fortschritte. Immer wieder komme es regional zu grösseren Ausbrüchen.
In Berlin wurden seit Oktober 2014 etwa 1200 Masern-Fälle erfasst. Die Zahl der Neuerkrankungen sei inzwischen relativ niedrig, von einem Ende des Ausbruchs könne man aber noch nicht sprechen, hiess es Anfang der Woche vom Landesamt für Gesundheit und Soziales. Von den Erkrankten musste etwa jeder vierte im Krankenhaus behandelt werden. Ein Junge starb an den Folgen der Masern-Erkrankung.
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Quelle: SDA - 07.05.2015
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