Studie untersucht Gründe für Abwanderung beim Pflegepersonal
 BERN - Viele gut ausgebildete Pflegerinnen und Pfleger verlassen nach kurzer Zeit den Beruf. Diese Entwicklung verschärft den Personalmangel im Gesundheitswesen zusätzlich. Eine gross angelegte nationale Studie soll nun erstmals die Gründe für diese Abwanderung untersuchen - und Lösungsvorschläge aufzeigen.
BERN - Viele gut ausgebildete Pflegerinnen und Pfleger verlassen nach kurzer Zeit den Beruf. Diese Entwicklung verschärft den Personalmangel im Gesundheitswesen zusätzlich. Eine gross angelegte nationale Studie soll nun erstmals die Gründe für diese Abwanderung untersuchen - und Lösungsvorschläge aufzeigen.
"Wir wollen der Politik Instrumente in die Hand geben, wie künftig dem Personalmangel in Spitälern, Heimen und bei der Spitex begegnet werden soll", sagte Michael Simon vom Institut für Pflegewissenschaft der Universität Basel am Montag vor den Medien in Bern. Viele Studien, die diesen "grossen Problembereich" untersuchten, gebe es nicht.
Die Umfrage "nurses at work" möchte diese Lücke nun schliessen. Ehemalige und aktive Pflegefachpersonen sind eingeladen, an der Onlinebefragung teilzunehmen. Gemäss Schätzungen sind in der Schweiz rund 80'000 Pflegende im stationären und ambulanten Bereich tätig. "Wenn wir fünfzig Prozent von ihnen erreichen, wären wir schon sehr zufrieden", sagte Studienleiterin Véronique Addor von der Genfer Hochschule für Gesundheit HES.
Heute würden in der Schweiz zu wenige Fachkräfte ausgebildet, um den Wegfall jener, die den Beruf verlassen, zu kompensieren, sagte Addor. Vor diesem Hintergrund sei es fraglich, ob es in zehn, zwanzig oder dreissig Jahren noch genug Pflegende gebe.
Wenn sich Pflegerinnen und Pfleger zu ihrer Berufskarriere äusserten, helfe dies, die beruflichen und persönlichen Aspekte ihrer Laufbahn besser zu verstehen. Heute fehlten Angaben über die genaue Zahl der Fachkräfte oder über die Gründe, weshalb sie den Beruf verlassen.
Politiker ziehen mit
Die Resultate der Studie sollen in rund einem Jahr in drei Sprachen vorliegen. Neben dem Ist-Zustand wird dabei auch die Entwicklung in den vergangenen vierzig Jahren aufgezeigt. Hauptziel ist es, eine Art Innensicht des Pflegealltags zu erhalten und schliesslich die Berufsdauer des Gesundheitspersonals zu erhöhen.
Dass bereits bei der Lancierung der Umfrage verschiedene Politiker im Boot sässen, liege an der Wichtigkeit des Projekts, sagte Nationalrat Jean-François Steiert (SP/FR), Präsident der Schweizerischen Gesellschaft für Gesundheitspolitik und Mitglied der Gesundheitskommission. "Wir haben kein Interesse daran, dass viele Pflegende ihren Beruf frühzeitig verlassen." Die Suche nach den Gründen sei wichtig.
Die Investitionen in die Ausbildung der Pflegenden stehe heute in keinem guten Verhältnis zur Berufsdauer. Das Ziel müsse sein, die Leute länger in den Gesundheitsberufen zu behalten, sagte Steiert. "Das Potenzial ist immens."
Problematische Abhängigkeit vom Ausland
Laut verschiedenen Prognosen wird der Mangel an Pflegepersonal in der Schweiz bereits im Jahr 2020 zu einem ernsthaften Problem. "Der Trend zur Knappheit wird sich weiter zuspitzen", sagte Nationalrätin Ruth Humbel (CVP/AG), die ebenfalls in der Gesundheitskommission sitzt und als Beraterin im Gesundheitswesen tätig ist.
Dass die Abhängigkeit von ausländischen Fachkräften weiter zunehmen werde, sei problematisch - auch aus ethischen Gründen. "Es kann nicht sein, dass andere, meist ärmere Länder die Ausbildung ihrer Pflegenden bezahlen und wir davon profitieren", sagte Humbel.
"Alle Länder in Europa stehen vor den gleichen Herausforderungen wie wir", sagte auch der Berner Regierungsrat Philippe Perrenoud, Präsident der Konferenz der kantonalen Gesundheitsdirektoren GDK. Das Problem des Personalmangels werde mit der Auslandrekrutierung nicht gelöst, sondern nur verschoben. "Wir müssen unsere Hausaufgaben machen."
Der Personalmangel kann laut Perrenoud bekämpft werden, indem in der Schweiz neue Pflegende ausgebildet werden und der Wiedereinstieg von bereits ausgebildeten Fachleuten erhöht wird. Fest stehe aber, dass die Schweiz im Gesundheitswesen immer stark auf ausländische Fachkräfte angewiesen sein werde.
Umfrage ab sofort online
Finanziert wird die Studie hauptsächlich vom Schweizerischen Nationalfonds. Das Bundesamt für Gesundheit, das Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation SBFI, das Schweizerische Gesundheitsobservatorium und verschiedene Hochschulen unterstützen "nurses at work".
An der anonymen Umfrage kann ab sofort teilgenommen werden.
www.nurses-at-work.com
Quelle: SDA - 15.09.2014
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