Venöse Thromboembolien unter oralen Kontrazeptiva
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21.12.2009 - Im Mai 2009 wurde die Geschichte einer jungen Frau, die unter einem kombinierten oralen Kontrazeptivum (KOK) mit Drospirenon eine zentrale Lungenembolie mit schwerer hypoxischer Hirnschädigung erlitt, in den Schweizer Medien intensiv diskutiert, wobei das Thema zum Teil unvollständig und verzerrt wiedergegeben wurde. Swissmedic hat daraufhin mehrmals systematisch informiert und die wichtigsten Fakten zum Risiko von venösen Thromboembolien (VTE) sowie Zahlen zu den schweizerischen Spontanmeldungen im Zusammenhang mit hormonalen Kontrazeptiva dargelegt. Gemeinsam mit ihrem Human Medicines Expert Committee (HMEC) leitete Swissmedic gleichzeitig eine Analyse der aktuellsten Daten und Studien zum VTE-Risiko unter KOK ein. Fachleute und Öffentlichkeit wurden im Oktober dieses Jahres über die Ergebnisse, Empfehlungen und weitere eingeleitete Massnahmen orientiert. Da gemäss zweier im August im BMJ publizierter Studien das VTE-Risiko bei KOK mit Drospirenon im Direktvergleich zwischen jenem der 2. und der 3. Generations-KOK liegt, also etwas höher als bisher angenommen, hat Swissmedic ein so genanntes Überprüfungsverfahren für die Drospirenon-haltigen Präparate eröffnet. |
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Die wichtigsten Resultate der neuen Studien, sollen in deren Arzneimittelinformationen aufgenommen werden, besonders die erwähnten Ergebnisse zum relativen Risiko im Versgleich zu den KOK der 2. und 3. Generation sowie zum absoluten Risiko (d.h. der Inzidenz von VTE unter den Präparaten). Das Verfahren ist noch nicht abgeschlossen.
Im Lauf der Diskussion wurde erneut und exemplarisch die Frage aufgeworfen, worin die Bedeutung von Spontanmeldungen bei einem sehr gut bekannten und inzwischen durch eine grosse Zahl epidemiologischer Studien abgeklärten Risiko liege. Zunächst galt es, Medien, Öffentlichkeit und interessierten Politikerinnen und Politikern zu erklären, was Spontanerfassung nicht kann: Sie ist nicht ein systematisches UAW-Register und soll es nicht sein. Spontanmeldungen gestatten deshalb keine Aussagen über die Häufigkeit unerwünschter Wirkungen und schon gar keine vergleichenden Aussagen dazu. Hierfür müssen vergleichende (epidemiologische) Studien herangezogen werden. Bei gut bekannten Risiken dienen Spontanmeldungen der Erfassung wichtiger neuer oder im Alltag wenig berücksichtigter Aspekte dieser Risiken. Voraussetzung ist, dass diese Aspekte gut dokumentiert sind. Im Falle der KOK hat die eingehende Analyse aller Spontanmeldungen aus der Schweiz zu VTE und KOK unter anderem ergeben, dass:
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- in fast 40% der gemeldeten Fälle, mindestens ein Risikofaktor für eine VTE vorlag. Dieser Prozentsatz könnte höher liegen, da für das Vorliegen einer solchen Prädisposition ein strenger Massstab angelegt wurde, und bei einigen Meldungen eindeutige Angaben zu Risikofaktoren fehlten. Die eingehende und bei den Kontrolluntersuchungen wiederholte Anamnese zu den Risikofaktoren ist entscheidend. Neben den bestens bekannten – durchgemachte oder familiäre VTE, Übergewicht, Alter – sei hier auch auf die Berichte über VTE bei Frauen unter KOK hingewiesen, die nach Langzeitflügen auftraten. Hier sind vorbeugende Massnahmen gut möglich
- es nach wie vor schwierig ist, Lungenembolien frühzeitig zu erkennen. Warnsymptome, wenn sie denn vorliegen, sind oft unspezifisch. Zu den häufigsten Anzeichen zählt eine Leistungsabnahme, wichtig sind auch Dyspnoe und Synkopen. Auch pleuritische Zeichen sollten bei jungen Frauen spezifisch zur Frage nach KOK-Einnahme und Einbezug der Lungenembolie in die Differentialdiagnose führen.
- „last but not least“ ein relevanter Prozentsatz der Frauen durch gleichzeitiges Rauchen und KOK-Einnahme ein erhöhtes Risiko vor allem arterieller Komplikationen eingeht. |
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Die aktuelle Diskussion in den Medien hat ein seltenes, aber potentiell schwerwiegendes Risiko erneut ins Bewusstsein der Konsumentinnen gerückt. Swissmedic sieht vor, mindestens jährlich anhand der Spontanmeldungen ein Update zum Problem auf ihrer Homepage zu publizieren und an die Vorsichtsmassnahmen zu erinnern. Mit den bisher erarbeiteten Informationen hoffen wir zusätzlich dazu beizutragen, dass die Konsumentinnen gemeinsam mit ihrem Arzt eine „informed decision“ zur Kontrazeption unter Abwägung von Nutzen und Risiko treffen und die Sicherheitsmassnahmen optimieren können.
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Quelle: Schweizerisches Heilmittelinstitut (Swissmedic) - http://www.swissmedic.ch - 17.12.2009