Insulinresistenz bei Typ-1-Diabetes – neues Verständnis fordert Umdenken in der Therapie
ZÜRICH - Lange galt Typ-1-Diabetes als reine Insulinmangelerkrankung, doch neue Erkenntnisse zeigen, dass auch Insulinresistenz eine bedeutende Rolle spielt.
Aktuelle Forschung verdeutlicht, dass Typ-1-Diabetes eine heterogene Erkrankung ist, bei der unterschiedliche Subtypen existieren. Neben der autoimmunen Zerstörung der β-Zellen scheint auch Insulinresistenz aktiv an diesem Prozess beteiligt zu sein – sie kann die Autoimmunität beschleunigen oder möglicherweise sogar initiieren.
Bereits früh im Krankheitsverlauf kann gewebespezifische Insulinresistenz auftreten und sich im Verlauf verschlechtern. Dabei verstärken sich Insulinresistenz und eine beeinträchtigte Endothelfunktion gegenseitig, was zur Entstehung typischer Diabeteskomplikationen beiträgt. Klassische Risikofaktoren wie Bewegungsmangel, Adipositas oder periphere Insulinverabreichung erklären die Insulinresistenz bei Typ-1-Diabetes jedoch nur teilweise. Weitere Mechanismen wie oxidativer Stress, mitochondriale Veränderungen und Entzündungsprozesse scheinen ebenfalls beteiligt zu sein.
Diese Erkenntnisse haben direkte therapeutische Konsequenzen: Insulinresistenz sollte als zusätzlicher Behandlungsfokus bei Typ-1-Diabetes berücksichtigt werden. Lebensstilinterventionen und eine kontinuierliche subkutane Insulininfusion können Insulinresistenz und Hyperinsulinämie besser reduzieren als die klassische intensivierte Mehrfachinjektionstherapie. Medikamente wie Metformin, Pioglitazon, GLP-1-Rezeptoragonisten, SGLT-Hemmer oder Pramlintid werden ergänzend erforscht. Ihr breiter Einsatz ist aufgrund von Kosten, Nebenwirkungen und fehlenden Outcome-Daten derzeit jedoch nicht empfohlen – könnte aber in Zukunft Teil einer präzisionsmedizinischen Diabetestherapie werden.
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Quelle:
Apostolopoulou et al. Insulin Resistance in Type 1 Diabetes: Pathophysiological, Clinical, and Therapeutic Relevance. Endocrine Reviews, 2025, 46, 317–348