Bilanz nach 5 Jahren Cannabis-Verkauf beim Apotheker in Uruguay

« In der Anfangsphase fand das Produkt kaum Absatz. Es herrschte eine gewisse Verlegenheit am Eingang der Apotheke und grosse Medienaufmerksamkeit. » Sergio Redín, Apotheker in Montevideo


MONTEVIDEO - Im Juli 2017 startete Uruguay den Verkauf von Cannabis in Apotheken zu privaten und medizinischen Zwecken. Fünf Jahre später haben wir eine Bilanz dieses Experiments gezogen, das immer noch nicht von allen begrüsst wird. Die Bilanz ist vor allem auf wirtschaftlicher Ebene durchzogen.

Der erste Staat weltweit

Am 2. Mai 2017 trat das 2013 verabschiedete Gesetz über den Verkauf von Cannabis in Apotheken offiziell in Kraft. Es gab volljährigen Uruguayern und Einwohnern die Möglichkeit, sich in ein nationales Register einzutragen, um ab Juli 2017 Cannabis aus Apotheken zu beziehen. Das Land war damit zum ersten Staat der Welt geworden, der die Produktion und den Konsum kontrolliert. Uruguay ist ein kleines, wirtschaftlich gut entwickeltes südamerikanisches Land mit ca. 3,5 Millionen Einwohnern. Es liegt zwischen den beiden grossen Staaten Brasilien und Argentinien.

Nicht nur Verkauf in Apotheken

Das Ende 2013 verabschiedete Gesetz sah drei Möglichkeiten des Zugangs zum Produkt bzw. drei Basiselemente vor: Eigenanbau, Anbau in Verbraucherclubs und Verkauf in Apotheken unter öffentlicher Kontrolle (maximal 40 g pro Monat). Im Jahr 2022 orientierte sich die legale Abgabe von Cannabis weiterhin an diesen drei Varianten. Im Jahr 2017 wurde ein Gramm Cannabis in Apotheken für etwa USD 1,30 verkauft. Jegliche Werbung für Cannabis ist verboten und Anbauer oder Konsumenten – ausschliesslich volljährige (18 Jahre oder älter) Uruguayer oder in Uruguay ansässige Personen - müssen sich in ein nationales Register eintragen lassen. Im Jahr 2022 zählte dieses nationale Cannabisregister über 50’000 angemeldete Personen.

Nur 26 Apotheken im Jahr 2022

In Uruguay gibt es 1'200 Apotheken (in der Schweiz circa 1'800); nur 26 Apotheken nahmen jedoch 2022 an diesem Cannabisabgabeprogramm teil, gegenüber den 30 im Jahr 2017. Dies geht aus Informationen der brasilianischen Referenzzeitung Folha de S.Paulo in den Ausgaben vom 2. Mai 2017 und vom 31. Juli 2022 hervor. De facto ist festzustellen, dass die Zahl der Apotheken, die an diesem Programm teilnehmen, gering geblieben ist und nicht, wie 2017 angenommen, zugenommen hat. Diese 26 Apotheken scheinen ihr Publikum zu haben, aber es ist begrenzt und spezifisch. Von einem «Wunderrezept» zur Umsatzsteigerung von Apotheken sind wir weit entfernt.

Erfahrungsbericht eines Apothekers, Terminbuchungssystem

Sergio Redín ist der Besitzer der Antártida-Apotheke in Montevideo, der Hauptstadt und bei weitem grössten Zentrums Uruguays. Er berichtet in einem Artikel in der Folha de S.Paulo Ende Juli 2022 über zahlreiche zwischenzeitliche Befürchtungen, dass der Verkauf von Cannabis nie funktionieren würde. Redín erläutert: «Man hatte Angst, dass Einrichtungen ausgeraubt werden oder dass konservativere Kunden aufgrund von Vorurteilen nicht mehr in die Apotheke kommen würden. Aber bis jetzt hat sich nichts davon bestätigt». Er weist auf einen interessanten Punkt hin: «In der Anfangsphase [im Jahr 2017] fand das Produkt kaum Absatz. Es herrschte eine gewisse Verlegenheit am Eingang der Apotheke und grosse Medienaufmerksamkeit, was den Verkauf negativ beeinflusste. Dann wurde eine Online-Reservationssystem mit Abholung zu einer bestimmten Uhrzeit installiert. Und die Produktion [von Cannabis] stieg; heute herrscht ein Überangebot».

Geringer THC-Gehalt

Die Idee der damaligen uruguayischen Linksregierung unter Präsident José Pepe Mujica von 2010 bis Anfang 2015 bestand unter anderem darin, den Drogenhandel zu bekämpfen und die Kriminalität zu senken. Es ist schwer zu sagen, ob dieses Ziel vollständig erreicht wurde. Einige Cannabiskonsumenten sehen die Tatsache kritisch, dass der in Apotheken angebotene THC-Gehalt im Jahr 2022 nicht mehr als 9% der Gesamtmenge des Produkts betragen darf. Das bedeutet, dass Kriminelle weiterhin illegal Cannabis mit einem THC-Gehalt von über 9% verkaufen können. Von den drei Beschaffungsvarianten scheint der Eigenanbau am besten zu funktionieren. Vielleicht auch weil der Staat den THC-Gehalt nicht prüfen kann, wenn man die Pflanze zu Hause selber anbaut. Die Verbraucherclubs scheinen eher ein Misserfolg zu sein, weil die Regeln zu restriktiv sind und der Staat sie nur schwer kontrollieren kann.

Regierung heute

Der amtierende rechtsliberale Präsident Uruguays Luis Lacalle Pou hat kürzlich in einem Interview mit der BBC erklärt, dass er den staatlichen Verkauf von Cannabis nicht befürwortet. Bisher gibt es jedoch keine Anzeichen dafür, dass die uruguayische Regierung dieses 2017 angewandte Gesetz ändern will.

5. August 2022. Von Xavier Gruffat (Apotheker) und Pharmapro Team. Quellen: Folha de S.Paulo (mehrere Ausgaben), The Economist, BBC, Keystone-ATS.

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