Interview mit Sara Zehnder – Apothekerin und Coach für Apotheken


Sara Zehnder ist eine Offizinapothekerin, die nach fünfzehn Jahren in der Apotheke, davon acht Jahre als Geschäftsführerin, zum Coaching wechselte. Derzeit betreut sie zahlreiche Apothekenmitarbeitenden in den Bereichen Mitarbeiterführung, Verkauf und Kommunikation. In diesem Interview gibt Frau Zehnder einen Einblick in ihre neue Tätigkeit.

Liebe Frau Zehnder, Sie haben für Ihre Firma den Namen faktorZehnder gewählt. Wieso dieser Name?

Zwei Punkte waren für mich bei der Namensgebung meiner Firma wichtig:

1. Es sollte ein deutscher Name sein

2. Der Name sollte mit meiner Person in Verbindung gebracht werden können, da meine Person die Consultings, die Trainings und die Coachings prägen

Der Ansatz meiner Arbeit ist immer ganzheitlich. Es gibt verschiedene Faktoren, die den Erfolg eines Unternehmens und einer einzelnen Person ausmachen – meine Erfolgsfaktoren. Aufgrund dieser Aussage hat meine Werbeagentur faktorZehnder vorgeschlagen.

Mein Ziel ist es, mit meinem Wissen, meinen Erfahrungen und meinem Können mit meinem Namen ein Erfolgsfaktor für Menschen und Unternehmen zu sein – faktorZehnder.

Lustiger Weise sehen einzelne Menschen immer wieder Faktor Zehn darin, was mir damals nicht bewusst war.

Zusammengefasst beabsichtigen Sie durch Ihre Tätigkeit, die Apothekerinnen und Apotheker (insbesondere Inhaberinnen und Inhaber) zum Erfolg zu führen. Ist das richtig?

Das ist vollkommen richtig!

Ich bin jedoch nicht nur für die Apothekenbranche tätig, sondern arbeite auch für Pharmaunternehmen, Start-ups und coache Einzelpersonen aus allen Branchen.

In welcher Lage befinden sich die Kundinnen und Kunden, die Ihre Dienste beanspruchen?

Die Apotheken befinden sich, wie viele Unternehmen, in einer Zeit mit rasantem Wandel.

Change heisst aber nicht nur Digitalisierung einzuführen und neue Dienstleistungen aufzustellen. Die Mitarbeiter für diesen Wandel zu gewinnen, eine neue Kultur zu schaffen und sie fit für ihre neuen Aufgaben zu machen sind wichtige Faktoren, die für einen erfolgreichen Change elementar sind.

Hier macht es Sinn, eine externe Unterstützung beizuziehen, die das gesamte Team, natürlich inklusive Führungskraft, über längere Zeit begleitet und unterstützt.

Einzelapotheken möchten v.a. ihre Mitarbeiter für die neuen Dienstleistungen und deren Verkauf schulen. Kundenorientierte Kommunikation ist entscheidend. Der Kunde von heute hat andere Bedürfnisse als der von gestern. Im Zeitalter, in dem Informationen überall zugänglich sind, ist es umso wichtiger, dass die Apothekenteams den Menschen in den Mittelpunkt stellen. Seine Bedürfnisse genau zu erfassen und ihm individuelle Lösungen aufzuzeigen. Die Kunden wollen einen Ort des Vertrauens.

Oft sind es auch Inhaber:innen die Ihre Führungskompetenz stärken wollen und in einem Einzelcoaching und Mentoring von mir Unterstützung suchen.

Auf die Apotheken-Ketten und Gruppierungen bezogen, geht es vor allem darum, die Mitarbeitenden in den Bereichen Leadership und Customer Excellence zu fördern. Da ich auch ausgebildeter Executive Coach bin, sind Themen rund um Motivation und Mindset ebenfalls sehr gefragt.

Aus meiner langjährigen Erfahrung bin ich der Meinung, dass einzelne Trainings allein wenig gewinnbringend respektive nicht nachhaltig sind. Entscheidend ist immer das neue Wissen in den Alltag zu integrieren -  das TUN! Hier stossen wir immer wieder auf Hürden und diese kann ich als Coach individuell angehen. Deshalb rate ich immer zu Trainings, Workshops und individuelle Begleitung über einen längeren Zeitraum – sozusagen ein Gesamtpaket.

Welches ist die erste Frage, die Sie den Apothekerinnen stellen, die sich an Sie wenden?

Ich frage gerne: «Warum stehen Sie morgens auf und tun was sie tun?»

Was ist ein Apo-Check?

Ein Apo-Check ist eine IST- Erfassung des Unternehmens, eine Momentaufnahme. Ich bin 1 Tag in der Apotheke und schaue alle Bereiche eines erfolgreichen Unternehmens an. Ich halte dem Unternehmen von aussen den Spiegel vor!

Folgende Bereiche werden von mir reflektiert:

- Die Apotheke als Geschäft

- Kundenorientierung

- Führung/Team

- Prozesseffizienz

- Organisationsentwicklung (Vision, Strategie und Ziele)

Auf Wunsch analysiere ich auch gerne nur einen Bereich.

Der Apo-Check soll als Ausgangslage dienen, verbesserungsfähige Punkte zu erkennen, damit diese auf das nächste Level gebracht werden können.

Ähnlich wie «Buman,  der Restauranttester» bin ich «faktorZehder, die Apothekentesterin.»

Wo denken Sie, dass die Apothekerinnen und Apotheker sich verbessern können? Aufgrund Ihrer Erfahrung, denken Sie dass die Geschäftsführerinnen und Geschäftsführer oder Eigentümer/innen sich im Bereich (Kunden)Kommunikation oder Teamführung weiterbilden sollten?

Ein ganz klares «Ja» bezüglich beider Themen.

Customer Excellence kann nur mit zufriedenen, motivierten Mitarbeitern erreicht werden und zufriedene Mitarbeiter nur durch gute Führung. Kommunikation ist ein elementarer Bestandteil von guter Führung.

Ebenso die eigene Persönlichkeit. Als Führungskraft kann man nur andere fördern und fordern (gross machen), wenn man sich selbst kennt. Seine eigenen Verhaltensmuster, seine eigenen Stärken und Schwächen und seine eigene Motivation.

Kommunikation und Führung gehören nicht zu unseren Kernkompetenzen, die wir aus unserem Studium mitbringen. Deshalb empfehle ich allen Apotheker:innen sich diesen Themen zu widmen.

Ich höre in Apotheken noch viel zu selten, dass das persönliche Bedürfnis des Kunden wirklich erfasst und der persönliche Nutzen der Therapie oder Dienstleistungsempfehlung aufgezeigt wird (Kundenorientierte Kommunikation). Es mangelt sehr häufig an klaren Aussagen, mit denen wir Vertrauen gewinnen und Compliace steigern können.

Wichtig ist mir auch immer zu betonen, dass der erfolgreiche Unternehmer an seinem Unternehmen arbeitet und nicht vorwiegend in seinem Unternehmen! Wenn ich also als Apotheker:in viel lieber «an der Front» (ich hoffe, dass die Theke bald endgültig aus der Apotheke verschwindet 😊) für den Kunden da bin und das Unternehmerische gar nicht wirklich mag, dann rate ich immer auch dort zu bleiben). Gute Apotheker:innen sind beim Kunden gefragt.

In früheren Interviews (zum Beispiel Podcasts) haben Sie behauptet, dass Sie gerne das ganze Team bei der Ideengenerierung oder bei der Bestimmung der Vision einbeziehen. Wie soll man dabei konkret vorgehen?

(lacht) Das freut mich, dass meine Messages in den Podcast gehört werden!

Eine gemeinsame Vision kann in Workshops oder noch besser in Klausurtagen erarbeitet werden. Ein schöner Ort fördert das kreative Denken. Ich rate hierfür immer einen professionellen Workshopleiter/-moderator zu engagieren, der die Themen aufgreift und alle Ideen zusammentragen kann.

Studien zeigen, dass Mitarbeiter, die ihre Ideen einbringen können und damit an der Mitgestaltung des Unternehmens teilhaben, motivierter sind, mehr Selbstvertrauen gewinnen und sich besser mit dem Unternehmen identifizieren können. Wer mit Engagement und Freude arbeitet, hat mehr Erfolg.

Damit will ich jedoch nicht sagen, dass man als Unternehmer:in nicht auch allein Entscheidungen treffen kann, sogar muss. Hier ist auch wieder die richtige Kommunikation entscheidend.

Aktuell herrscht eine hohe Fluktuation bei den Pharma-Assistentinnen. Was ist Ihre Analyse diesbezüglich? Ein Motivationsproblem?

Sicher spielen die eher unflexiblen Arbeitszeiten, der niedrige Lohn und auch die eingeschränkten Aufstiegsmöglichkeiten eine Rolle. Meiner Meinung hat es in der Tat sehr viel mit dem Thema Motivation zu tun, also genau das, was wir vorgängig besprochen haben. Gefordert werden, sich weiterzuentwickeln, Ideen einzubringen, Verantwortung zu tragen und Lösungen zu finden, das motiviert. Damit sind wir auch wieder beim Führungs-Thema und hier sollten wir meiner Meinung nach ansetzen.

Ich erlebe oft, dass es Apotheker:innen schwer fällt zu delegieren, dass hierarchische Strukturen herrschen, dass Apotheken nicht mit Zielen arbeiten und die Teams selten die Vision des Unternehmens kennen. So nach dem Motto «Ist ja klar, was man in einer Apotheke zu tun hat».

Empfehlen Sie die Benutzung von Motivations-Apps oder Softwares, um die Bindung der Mitarbeitenden zu erhöhen?

Mitarbeitermotivation geht meiner Meinung nach nicht über Apps oder Software. Wenn ich als Führugskraft Freude an solchen Tools habe und auch mein Team affin dafür ist, dann sicher jederzeit gerne.

Das ist meiner Meinung nach jedoch nicht der Schlüssel, um die Mitarbeiterbindung erfolgreich zu erhöhen.

Ich sehe eher die Soft-Skills als entscheidend: Werte wie Respekt, Wertschätzung und Vertrauen sind für Mitarbeiter wichtig. Ebenfalls ein gutes Arbeitsklima, eine gute Kultur und ein toller Teamgeist.

Was halten Sie vom "Purpose-Konzept" als Kernelement einer Unternehmensstrategie? Die Firma Best Buy, eine Art «amerikanischer Interdiscount», hat zum Beispiel den Purpose wie folgt definiert: "To enrich our customers lives through technology". Oder bleiben Sie lieber bei Konzepten wie die Vision, Mission, usw.?

Meiner ersten Frage an die Apotheker können Sie entnehmen, wie wichtig mir der Purpose, der Zweckgedanke ist. Dieser ist die Mission.

Ein Top Executive Coach und Freund von mir, Frank Asmus, zeichnet dazu das Bild eines Strichmännchens.

Der Kopf steht für Logos, also für das Denken und bestimmt die Vision.

Im Herz tragen wir die Mission, also unser Purpose. Pathos ist also das was mich antreibt.

Schliesslich haben wir die Füsse, die entscheiden in welche Richtung ich gehe. Ethos steht also für meine Strategie, die mich ins TUN bringt.

Reed Hastings, Mitbegründer und heutiger CEO von Netflix, erklärt, dass es 2 Unternehmenstypen gibt: diejenigen, die viele Prozesse einhalten müssen, wie Fluggesellschaften oder Spitäler, um möglichst viele Fehler zu vermeiden und diejenigen der kreativen Welt, die ihren Mitarbeitenden möglichst viel Freiheit gewährleisten müssen. Das Problem ist, dass die Führung dieser 2 Unternehmenstypen sehr unterschiedlich ist. Die Apotheke ist eher einem Spital ähnlich. Sie muss die Sicherheit der Kunden und Patienten möglichst gewährleisten, was die Kreativität bremst. Denken Sie, es sollte zum Beispiel zwei Führungspersonen geben, jemanden für die Prozesse und jemanden für die Innovation?

Nein, ich denke nicht, dass wir zwei Führungskräfte brauchen. Für mich schliesst das eine das andere nicht aus.

Klar ist es für die Apotheken wichtig, Prozesse eindeutig zu definieren und diese auch einzuhalten, damit die Patienten- und die Medikamentensicherheit gewährleistet ist. Natürlich gibt es Unternehmen, in denen mehr Freiraum möglich ist.

Innerhalb dieser Vorgaben gibt es aber immer noch Spielraum, der «kreativ» und frei genützt werden kann.

Wenn wir z.B. unsere Kundengespräche nur nach einem bestimmten Leitfaden, ähnlich einem Verhör halten, dann sehe ich in Zukunft wenig Chancen für die öffentliche Apotheke. Da bin ich sicher, dass ein Roboter mittels Algorithmen diese Aufgabe viel genauer und schneller durchführen kann. Der Leitfaden soll dazu dienen, dass wir die Sicherheit gewährleisten können, er soll aber nicht immer nach demselben Schema abgearbeitet werden.

Meiner Meinung nach ist es wichtig, zwischen Reglementation und individueller Betrachtung die Balance zu finden.

Genauso auch bei der Führung. Gewisse Situationen erfordern klare Standards, andere lassen Freiraum.

Im Übrigen ist es mir auch sehr wichtig, bei der Prozessausarbeitung die unterschiedlichen Ideen der Mitarbeitenden einzuholen. Sie bewältigen den Alltag und ihre unterschiedlichen Meinungen und Erfahrungen sind gewinnbringend.

Wichtig ist, dass die Führungsperson erkennt, wer aus dem Team der beste Mitarbeiter für die entsprechende Arbeit ist.

Stärken dort einzusetzten, wo sie Entfaltung finden!

© 20.08.2022 - Pharmapro GmbH

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