Krebsmedikamente wirken je nach Tageszeit unterschiedlich gut
WIEN - Manche Menschen sind früh morgens aktiv, andere blühen erst am Abend auf. Französische Mediziner glauben herausgefunden zu haben, dass Chemotherapie-Medikamente besser wirken und weniger Nebenwirkungen haben, wenn man sie den Patienten nach dem individuellen Biorhythmus zur richtigen Tageszeit verabreicht.
"Jede Zelle in unserem Körper hat eine eigene Uhr, die im 24-Stunden-Rhythmus Prozesse wie den Stoffwechsel und die Zellteilung regelt", sagte Levi erklärte Francis Levi vom Hôpital Paul Brousse in Villejuif (Frankreich) der Nachrichtenagentur APA. Sie wird von einem erbsengrossen Zeitgeber im Hirn gesteuert, der durch Licht und andere Umweltfaktoren beeinflusst wird, erklärte der Mediziner.
Viele Krebsmedikamente greifen Zellen an, die sich gerade teilen. Erwischt man sie zum richtigen Zeitpunkt, etwa wenn sie ihr Erbgut verdoppeln, sind sie viel verletzlicher und die Medikamente wirken besser, sagte Levi. Vom Stoffwechsel-Status der Zellen hänge auch die Stärke der Nebenwirkungen ab.
Die sogenannte Chronotherapie setzt Medikamente nach dem inneren Rhythmus ein. "Wir haben beim Vergleich von klinischen Studien herausgefunden, dass sie die Überlebensraten bei Männern mit Darmkrebs im Vergleich zur Standard-Chemotherapie um das Dreifache erhöht", sagte der Mediziner. Bei Frauen habe man keinen Vorteil gesehen.
Moleküle der inneren Uhr
"Deswegen müssen wir die Therapie bei jedem einzelnen Patienten auf die persönliche innere Uhr abstimmen", sagte er. Doch derzeit könne man die beste Zeit für die Einnahme von Medikamenten nur nach dem Bevölkerungsdurchschnitt abschätzen. Also suche man sogenannte Biomarker, körpereigene Moleküle, die Auskunft über die innere Uhr von Individuen geben.
Die Chronotherapie sei noch nicht sehr verbreitet, weil viele Leute skeptisch seien, dass der Zeitpunkt so viel ausmacht. Im Hôpital Paul Brousse würde man derzeit 20 bis 30 Patienten pro Woche mit der Chronotherapie behandeln, insgesamt seien es knapp 3000 Menschen. In Europa gäbe es die Chronotherapie an etwa 15 Krankenhäusern.
Quelle: SDA - 07.11.2013