Weniger Muskelschäden beim härtesten Ultramarathon der Welt
LAUSANNE - Läufer, die einen der härtesten Ultramarathons der Welt durchstehen, zeigen weniger Muskelermüdung und -schäden als Teilnehmer an kürzeren Extremrennen. Zu diesem Schluss kommen Lausanner, italienische und französische Forscher nach einer Studie an Teilnehmern am "Tor des Geants" (TdG).
Mit einer Distanz von 330 Kilometern und rund 24'000 Höhenmetern über 25 Alpenpässe gilt dieses Rennen im italienischen Aostatal als weltweit der härteste Berg-Ultramarathon, der in einer Etappe stattfindet - vor allem auch durch den Schlafentzug. Die erlaubte Zeit beträgt 150 Stunden, die Bestzeit liegt derzeit bei 76 Stunden.
Und doch leiden TdG-Absolventen weniger an Muskelermüdung, -schäden und Entzündungen als Sportler, die nur halb oder ein Viertel so lange Ultrarennen mitmachten. Dies berichtet das Team um Grégoire Millet von der Uni Lausanne im Fachblatt "PLoS ONE".
Anstrengung löst Schutzmechanismus aus
Die Wissenschaftler hatten vor, während und nach dem Rennen die Entzündungswerte im Blut von insgesamt 15 Finishern dieses Rennens gemessen, ebenso die Kontraktionskraft ihrer Muskeln und andere Ermüdungsparameter.
Sie seien "überrascht" gewesen, erklärte Millet der Nachrichtenagentur sda, dass die grosse Müdigkeit der Athleten nicht zu mehr, sondern weniger muskulären Problemen geführt hatte. "Paradoxerweise löst eine derart extreme Anstrengung einen Prozess zum Schutz der Muskeln aus", schreiben die Autoren.
Nach Ansicht der Forscher schlagen die Sportler in der ersten Hälfte des Laufs in Erwartung der grossen Anstrengung ein langsameres Tempo an. In der zweiten Hälfte verringert der Schlafentzug die Geschwindigkeit zusätzlich. Beides zusammen schützt den Sportler vor Verletzungen und optimiert gleichzeitig seine Leistung.
Das würde auch erklären, warum die Athleten auf halbem Weg - nach 150 Kilometern und 9000 Höhenmetern - nur einen minimalen Verlust an Stärke aufwiesen, sagte Millet. Hingegen hatten Teilnehmer des "nur" 160 Kilometer langen "Ultra-Trails du Mont-Blanc"-Bergrennen in Chamonix in einer früheren Studie nach vergleichbarer Distanz stärkere Ermüdungserscheinungen und Muskelschäden gezeigt.
Tempo-Management ist zentral
Dabei waren die Teilnehmer beider Rennen vergleichbar fit und gut trainiert gewesen. Die Forscher schliessen deshalb: "Das Tempo-Management ist von höchster Bedeutung." Um alle auftretenden Ermüdungsfaktoren zu verkraften, müssten Athleten die Intensität ihres Laufs anpassen.
Ein entscheidender Faktor könnte dabei die Erfahrung mit Ultraläufen sein, meint Millet: "Erfahrene Sportler haben vermutlich eine angemessenere Tempo-Strategie, die alle Aspekte berücksichtigt: Steigung, Tag oder Nacht, Distanz und Gelände", sagte er.
Quelle: SDA - 26.06.2013